10.11.2006: Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft „Mieter helfen Mietern“
20.10.2006: Berlin-Urteil - Gagfah-Börsengang - REITs-Gesetzentwurf
13.10.2006: Non-performing loans
11.10.2006: Berliner Phoenix-Runde Alles immer billiger? - Segen und Fluch der Globalisierung
19.5.2006: Privatisierung und REITs
10.11.2006: Auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft „Mieter helfen Mietern“ in Warburg am 10.11. habe ich zum Thema „Deutsche REITs: mit oder ohne Wohnimmobilien?“ vorgetragen. Dort waren Vertreter von Mietervereinen u.a. aus Dortmund, Münster, Hamburg, Frankfurt und Münster vertreten, darunter die Initiatoren der Kampagne gegen die LEG-Privatisierung. Eine seltene Gelegenheit, in entspannter Atmosphäre Erfahrungen und Ideen auszutauschen. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Man war an meinen Ideen zur Neu-Erfindung der Wohnungsgemeinnützigkeit interessiert. Der Tenor war: Es braucht selbst im günstigsten Fall mehrere Jahre bis zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. So viel Zeit haben wir aber nicht mehr. Es kommt jetzt darauf an, den verkaufswilligen Kommunen Alternativen anzubieten.
20.10.2006: Das Berlin-Urteil, die Gagfah-Börsengang und die Arbeiten am REITs-Gesetzentwurf sorgen für Diskussionsstoff in der Debatte um die Privatisierung öffentlicher Wohnungsunternehmen. Daß Berlin keine Nothilfe des Bundes bekommt, ist aus gesamtstaatlicher Sicht kein Unglück. Die Länder müssen mehr Haushaltsdisziplin üben. Sie dürfen nicht in dem Gefühl wirtschaften, daß notfalls der Bund für sie einspringt. Für die Wohnungspolitik bedeutet das Urteil, daß bis zu 270.000 zusätzliche Wohnungen privatisiert werden. Das wird so kommen und es geht wohl nur noch darum, an wen und mit welchen Auflagen. Der Gagfah-Börsengang war ein großer Erfolg, die Finanzindustrie ist auf den Geschmack gekommen und der Privatisierungsdruck wird auch von dieser Seite her weiter zunehmen. Die politische Auseinandersetzung um die REITs ist noch nicht entschieden. Angeblich setzt sich jetzt das BMF jetzt dafür ein, daß Wohnimmobilien aus dem Gesetzentwurf „herausgelöst“ werden. Wenn das stimmt fragt man sich natürlich, warum es erst hereingeschrieben wurde. Aber die REITs-Gesetzgebung ist eigentlich nur ein Nebenschauplatz. Die Finanzwirtschaft wird einen Weg finden, unsere öffentlichen Wohnungsbestände kapitalmarktfähig zu machen (z.B. wie bei der Gagfah als in Deutschland notierte Aktiengesellschaft nach Luxemburger Recht). Außerdem denkt die EU über europäische REITs nach – ein Gedanke der mir auch schon einmal als Lösung für die Probleme der Außenbesteuerung der deutschen REITs gekommen war.
13.10.2006: Zu den Non-performing loans: Im Spiegel von dieser Woche war dazu ein zweiseitiger Artikel mit der Überschrift “Schulden auf Reisen” zu finden. Darin wird die Geschichte der Kommunalen Wohnungs- und Baugesellschaft Lauchhammer erzählt. Der Insolvenzverwalter glaubte hier eine belastbare Einigung mit den engagierten Banken erreicht zu haben. Dann hat die DekaBank (!) ihr Kreditpaket an einen LoneStar-Ableger verkauft, der nun Zwangsvollstreckungsmaßnahmen angekündigt hat. Vielleicht sehe ich weiße Mäuse, aber grundsätzlich halte ich auch feindliche Übernahmen von kommunalen Wohnungsgesellschaften für möglich. Es ist denkbar, daß Interessenten Kreditpakete ankaufen, um damit Druck auszuüben. Es hat schon solche Fälle gegeben, etwa bei Attacken auf Familiengesellschaften.
11.10.2006: Berliner Phoenix-Runde vom 11.10.2006 Alles immer billiger? - Segen und Fluch der Globalisierung. Ich schaue mir die Phoenix-Runde gerne an, wenn mich das Thema interessiert. Meistens sind die Diskussionen informativ und abwechslungsreich, z.B. die Runde zum Arbeitslosengeld II mit Hilmar Schneider. Die Sendung ist für die politische Aufklärung viel wichtiger, als die bei Frau Christiansen gehaltenen Fensterreden. Die Sendung zum Thema Globalisierung fiel aber ein wenig ab. Die möglicherweise erhofften Kontroversen zwischen Dr. Flassbeck und Prof. Neumann haben sich nicht eingestellt und der schüchterne Zeit-Autor kam wenig zu Wort. Wenn doch, wurde er von den beiden Fachleuten regelrecht heruntergeputzt. Flassbeck und Neumann sind sicher hervorragende Fachleute, aber doch beide ideologisch ein wenig erstarrt. Wer sie kennt, weiß meistens schon im voraus, was sie zu einem bestimmten Punkt sagen werden. Auch hätte ich eine andere Schwerpunktsetzung erwartet. Wesentliche kritische Positionen zur Globalisierungsdebatte sind gar nicht berührt worden, z.B.:
- die Transformation von Organisationen und Institutionen (etwa Übernahme und Ausschlachten von deutschen Unternehmen durch Private Equity-Gesellschaften)
- die kulturelle Transformation (z.B. uniforme Bedürfnisse, Verschwinden von Sprachen)
- wirtschaftsethische Fragen: Ich denke an die Situation in China im Bezug auf Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Menschenrechte, Demokratie, Meinungsfreiheit, Umweltschutz, Schutz von geistigem Eigentum usw. Nach meinem Eindruck strebt die chinesische Führung aus machtpolitischen Gründen eine weltwirtschaftlich dominante Position an. Die Verbraucher sollten sich mehr dafür interessieren, unter welchen Bedingungen die von ihnen konsumierten Produkte hergestellt werden. Es geht dabei nicht darum, den Chinesen unsere Standards aufzuzwingen. Das chinesische Volk und die chinesische Arbeiterschaft müssen aber viel mehr Einfluß auf die Produktions- und Arbeitsbedingungen gewinnen. Die Handelspolitik ist kein wirtschaftlicher Selbstzweck, sondern in erster Linie ein Druckmittel zur Demokratisierung der Welt.
19.5.2006: Privatisierung und REITs - Berichterstattung in der FAZ vom 19.5.2006 - Deutschland lockt mit niedrigen Immobilienpreisen - Cerberus verkauft 12.300 Wohnungen - Deutschland braucht Reits - Die Privatisierung kommunaler Wohnungen ist ein Segen - Erster Wohnungs-Reit in London Im Immobilienmarktteil der FAZ eine volle Breitseite der Privatisierungslobby: Carl-Ludwig Thiele, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion: „Deutschland braucht REITs“ – eine streckenweise unsachliche Auseinandersetzung mit dem Pronold / Runde-Papier. Natürlich wird das Arbeitsplatzargument bemüht. Daß Herr Thiele sich mit ausländischen REITs gründlich beschäftigt hat, glaube ich nicht. So zeichnen sich die U.S.-Housing equity REITs durch eine aktive Transaktionsorientierung aus. Streckenweise ist der Beitrag zitierfähig: „Insbesondere ausländische Investoren befürworten die Einführung von Reits, um einen unkomplizierten Zugang zum deutschen Immobilienmarkt zu erhalten.“ Bedingt zuzustimmen ist Herrn Thiele, wenn er schreibt: „Die Alternative - der vollständige Verkauf von Wohnungsgesellschaften an Private-Equity-Gesellschaften wie in Dresden - dürfte aus Sicht der SPD schlechter sein.“ Aber ist dies wirklich eine Alternative? Am Ende landen die Bestände doch an der Börse. Die in dem Artikel „Die Privatisierung kommunaler Wohnungen ist ein Segen“ enthaltenen Äußerungen van Suntums kann man so nicht stehen lassen: Die Wohnungsprivatisierung hat „Deutschland“ bislang noch keine dauerhaften Kapitalzuflüsse gebracht, da es sich größtenteils um zeitlich befristete Engagements handelt. Möglicherweise beteiligen sich später jedoch ausländische Adressen an den deutschen REITs. Daß die öffentliche Hand wegen der Privatisierungserlöse in Zukunft möglicherweise weniger Schulden macht, ist makroökonomisch nicht von Belang, soweit Inländer später die REITs-Anteile halten. Insoweit handelt es sich nur um den Austausch von inländischem öffentlichen gegen inländisches privates Kapital – ohne Wachstumswirkungen. Wachstumseffekte wären nur zu erwarten, wenn Ausländer sich an REITs beteiligen, ohne dabei aber ihre sonstigen Investitionen zurückzunehmen. Die Argumente der Privatisierungskritiker versucht van Suntum durch bloßes Zitieren zu entkräften. Es ist aber doch eine Tatsache, daß die Investoren „an einem schnellen Verkauf und hohen Preisen interessiert“ sind. Und sie verkaufen beileibe nicht nur „unattraktive Restbestände“ zu Ramschpreisen. Sie verkaufen zunächst einmal attraktive Teilbestände mit kräftigen Preisaufschlägen an die Mieter. Frau Thatcher hat in Großbritannien wenigstens dafür gesorgt, daß die Wohnungen mit Rabatten an die Mieter veräußert werden. Dann folgt eine Neuauflage des alten Disputs Subjektförderung versus Objektförderung. Kommunale Wohnungspolitik muß aber mehr sein als die Versorgung von „Bedarfsträgern“ mir „Wohneinheiten“. Es geht hier doch um lebenswerte Quartiere und die Lebenschancen der Menschen in den Quartieren. Wenn kommunale Wohnungspolitik in Zukunft tatsächlich auf den fallweisen Ankauf von Belegungsrechten reduziert wird, dann führt dies nicht nur zu Versorgungsschwierigkeiten, sondern auch zur Bildung von instabilen sozialen Ghettos. Dann kommt noch ein bißchen Behauptungsprosa: „Daß einkommensschwache Mieter verdrängt werden, ist so gut wie auszuschließen.“ Begründung: Sozialchartas und entspannte Wohnungsmärkte. Was aber, wenn die Investoren selektive Aufwertungsstrategien verfolgen, die unabhängig von der allgemeinen Marktsituation sind? Die Chartas sind bloße Augenwischerei. Sehr lesenswert sind auch die kleineren Artikel. Cerberus hat die Wilhelmshavener Jade GmbH mit 7.000 Wohnungen schon weitergereicht. Bemerkenswert ist auch, daß der erste britische REIT ein „Wohnungs-REIT“ sein wird.
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